Wenn ein Licht brennt
- Thema:
- Veröffentlichte Texte
- Erstellt am
- 01.02.2020
- Autor:
- Tatjana Carpino Satz

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Wenn Sie erfüllt sind mit Freude oder Liebe, strahlen da nicht Ihre Augen? Leuchten sie da nicht wie Scheinwerfer in die Welt und erreichen und erwärmen auch die Herzen anderer Menschen?
Im hebräischen Verständnis (s. Mt 6, 22-23) sind die Augen nicht einfach passiv aufnehmende Sinnesorgane: Sie projizieren wie Projektoren unsere innere Welt, unser inneren Bilder und unsere „brennenden Herzen“ (Lk 24,32) nach aussen. Die Psychologie (“Projektionen“) und die Hirnforschung (das Gehirn konstruiert, was wir sehen) unterstützen übrigens diese biblische Weisheit. Die Augen sind unsere „Lampen“, mit denen wir die Welt beleuchten und auszugsweise erkennen – auszugsweise, wie wenn Sie mit Ihrer Taschenlampe einen Wald in dunkler Nacht erkunden.
Die Augen sind unsere Leuchten. Ob es aus unseren Augen dunkel oder hell leuchtet, warm oder kalt, falsch, wahrhaft oder gar nicht, widerspiegelt unser Inneres, so das biblische Verständnis. Wissen Sie, wie Ihre Augen heute in die Welt leuchten? Wie können Sie es herausfinden?
In der Nacht ziehen uns warm erleuchtete Fenster an und wirken oft „heimelig“, besonders im Winter. Ich freue mich, dass ich Ende Februar mit meiner Familie ins Thunstetter Pfarrhaus einziehen darf und auch dort bald das Licht in den langen Februarabenden leuchten wird. Denn ich trage ein inneres Bild mit mir herum, wenn es um das Pfarrhaus geht: Mitten im Dorf, neben der Kirche, steht ein Haus, in dem ein warmes Licht in den Abend hinaus scheint. Damit sendet es die Botschaft aus: „Da ist jemand, der für euch da ist, auch wenn es dunkel ist.“
Natürlich lösche ich das Licht dann auch Mal aus. Aber ein anderer tut das nicht und an diesen Anderen erinnert das Licht im Pfarrhaus den einen oder die andere, so wie es am Tag vielleicht der Kirchturm tut. Es ist Gott.
Gott schläft nicht, er ist rund um die Uhr für uns da. Ob wir es merken oder nicht. Er zeigt sich uns so, wie wir ihn persönlich verstehen können, wenn wir nur hinhören und hinschauen würden. Wenn wir nur unsere inneren Bilder mal auswechseln würden, die verhindern, dass wir ihn erkennen können. Denn fixe Vorstellungen machen uns blind für das, was vor uns ist. Wie ein Brett vor dem Kopf oder ein ‚Balken‘ im Auge.
Wer aber erkennt, dass Gott wirklich da ist und unser Leben hält, beginnt innen drin zu leuchten. Dieses Innere Leuchten kann uns das Leben in einem anderen Licht erblicken lassen. In einem Licht, das warm ist wie die Liebe, die aus unseren Augen strahlt; in einem hellen Licht, das Klarheit bringt in unser Leben; in einem Licht, das uns neue Wege und Auswege zeigt. Wir nennen diese Fähigkeit oder dieses Geschenk üblicherweise Weisheit.
Ich wünsche uns allen viel von diesem Licht und von dieser Weisheit, damit sich Gottes Segen bei uns und in der Welt entfalten kann.
Ihre Pfarrerin Tatjana Carpino Satz
Dieser Artikel erschien für die Kirchgemeinde Thunstetten im "Chileblatt" Februar 2020. Bild für Blog: (C) T. Carpino - digitale Rekonstruktion Büste von Julius Cäsar 2025.