Fünf nach Zwölf?
- Thema:
- Veröffentlichte Texte
- Erstellt am
- 01.09.2019
- Autor:
- Tatjana Carpino Satz

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Viele von uns dürften am 28. September in den hoffentlich erholsamen Ferien gewesen sein. Aber die, welche hier geblieben sind, hörten, wie unsere Thunstetter Kirchglocken um 11:55 Uhr läuteten. Ringsherum läuteten andere Kirchen mit. Im ganzen Kanton, in der ganzen Schweiz. Was war los? Die Kirchen haben damit laut in den Himmel gerufen: Unser Lebensklima auf der Erde ist ausser Kontrolle geraten! Ein grosses Stück weit wegen unserem Lebensstil. Das wissen wir alle. Doch sie sagten glockenklar: Wacht endlich auf aus dem Traum, steht auf, bewegt euch, ändert eure Einstellung! Und viele gingen nach Bern an die vom Verein oeku – Kirche und Umwelt (www.oeku.ch) organisierte Klimademonstration. Vielleicht auch Sie?
Oder denken Sie: „Das bringt doch nichts?“ Oder: „Gut machen die das für mich.“ Die Kirchenglocken läuteten am 12. November 2009 ja schon einmal: Während die Regierungen ihre Verhandlungspositionen für die internationale Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen führten, hängten Kirchen in der ganzen Welt die ethische und spirituelle Dimension des Klimaschutzes "an die grosse Glocke". Was hat sich seitdem getan? Wie wird man wohl in 30 Jahren auf 2019 zurückblicken?
Mitte der 80er-Jahren lehrte uns unser Biologielehrer, dass es fünf vor Zwölf sei, dass wir davor stehen, den Treibhauseffekt unumkehrbar zu starten. Ich war betroffen. Ein Mädchen aus meiner Klasse kam weiterhin mit ihrem Mofa zu Schule. Als ich sie fragte, warum sie kein Velo nähme oder den öffentlichen Verkehr nutze, sagte sie mir: „Solange die anderen mit dem Töffli fahren, werde ich es auch tun.“ Wie wahr und wie ehrlich. Und wegen dieser Art zu denken, sind wir nun hier angelangt.
Wer beginnt mit dem Aufhören? Also ist die Frage doch: Wer von uns beginnt mit dem Aufhören und ist damit Vorbild für andere? Als Einzelne, als Gemeinschaft, als Land? Wer will unseren biblischen Auftrag aus Gen 2,15 und Gen 3,23 ernst nehmen, für die Welt zu sorgen anstatt nur an sich selbst zu denken?
Jesus zeigt uns immer wieder durch Gleichnisse, wie Einzelne eine grosse Masse bewegen können. Im Guten (Mt 13,33) wie im Schlechten (Mt 16,6). Mir ist es ein Anliegen, dass es unserer Welt gut geht. Deshalb hier mein Aufruf an uns alle: Lasst uns doch als Kirchgemeinde bewusster darauf achten, z. B. was wir einkaufen und was wir wegwerfen.
Die Glocken läuteten am 28.9.2019, ihr Klang verlor sich im Äther, aber in unseren Herzen sollen die Glocken weiter läuten, bis wir unseren Kindern und Kindeskindern gezeigt haben, dass wir unseren geistlichen Auftrag der Erde gegenüber ernst nehmen. Gott helfe uns dabei!
Dieser Artikel erschien für die Kirchgemeinde Thunstetten im "Chileblatt" September 2019.